ich bin neu hier im Forum und auch neu unter den Aga-Haltern. Ich habe schon viel über sie gelesen, aber trotzdem noch ein paar Fragen als Anfänger, hoffe, das ist ok.
Situation: ich habe vor einer Woche ein junges Agaporniden-Pärchen bekommen, zwei Rosenköpfchen. Es sind Geschwister. Bekannte hatten von ihrem Pärchen 5x Nachwuchs bekommen und daher welche abzugeben. Sie hatten mit einem Züchter Rücksprache gehalten, ob Geschwister auch funktionieren würden und der sagte: grundsätzlich kein Problem. Ich hoffe, das stimmt. Sie wurden mir erst übergeben, nachdem sie von ihren Eltern großgezogen wurden und, so wie die Natur das eben einrichtet, dann nach etwa 8 Wochen allmählich rausgeschmissen wurden. Sie wollten wohl auch direkt neue machen.

Ich versuche mal die ersten Tage und Schritte zu beschreiben.
Am ersten Tag in ihrer neuen Voliere habe ich sie erstmal komplett in Ruhe gelassen, damit sie ankommen können. Am zweiten Tag merkte ich dann schon, dass sie nicht mehr so ängstlich wirkten, sprich aufgeplustert und entspannter blieben, wenn ich reinkam, nachdem sie am ersten Tag sich immer und sofort ganz dünn machten. Beim Futterwechsel und Wasserwechsel hingegen haben sie sich sofort in die oberste Ecke verzogen und an die Käfig-Stangen geklammert. Auch das hat eigentlich relativ schnell nachgelassen, irgendwie schienen sie am dritten oder vierten Tag zu verstehen, dass ich kein wirklicher Feind bin, sondern für ihr Fressen und Trinken sorge. Schnell zeigte sich auch, dass einer von beiden (Loulou, vermeintlich Weibchen) die Mutigere ist, Lex (vermeintlich Männchen) ist ängstlicher und zieht sich schneller zurück. Obwohl das ganz sicher so ist, wie alle Beobachtungen zeigen, war er derjenige, der in einem unachtsamen Moment sofort aus der Käfigtür entwischte und im vogelsicheren Zimmer umher flog. Der Wunsch nach Freiflug ist also groß, wie ich vermute. Nun hatte ich also große Sorge, den kleinen Kerl wieder in den Käfig zu bekommen, ohne ihm Angst zu machen oder irgendeine Form von Gewalt anzuwenden (hektisch einfangen). Ich wollte ihn ja nicht traumatisieren. So habe ich es eine Stunde lang mit gutem Zureden und vorsichtigem sich-nähern, die Hand anbieten, mit Kolbenhirse locken etc. versucht. Tatsächlich machte ich dabei zwar einige Fortschritte, er wurde immer weniger ängstlich, kam sogar am Ende ein paar Schritte auf die Hand und mich zu. Ich hatte fast den Eindruck, als wollte er unbedingt in den Käfig zu seiner Partnerin zurück und wusste, dass ich ihm dabei helfen wollte. Aber die Angst vor mir war einfach noch zu groß. Dennoch landete er sogar zwischendurch mal auf meinem Kopf. Irgendwann musste ich aber das Haus verlassen, hatte keine andere Wahl. Ich habe dann das Zimmer soweit abgedunkelt, dass er nicht mehr wegfliegen wollte. Dann habe ich ihn ganz vorsichtig auf meine Hand genommen, was er auch zuließ. Habe ihn dafür mit Kolbenhirse belohnt. In der halben Dunkelheit verstand oder sah er aber nicht so richtig, dass ich ihn auf die Stange setzen wollte. Da habe ich ihn ganz vorsichtig IN meine Hand genommen. Er hat auch nicht panisch reagiert. Natürlich wollte er sich trotzdem daraus befreien, fühlt sich da ja nicht wohl. Habe ihm noch einmal Kolbenhirse in der Situation angeboten, die er auch angenommen hat, ihm beruhigend zugeredet und ihm dann dabei geholfen, wieder auf die Stange zu klettern. Das hat geklappt. Natürlich hatte ich Sorge, dass das irgendwie ein Vertrauensbruch sein könnte, konnte aber bislang keine Veränderung in seinem Verhalten erkennen. Er ist danach nicht zutraulicher geworden, aber auch nicht ängstlicher. Letztendlich scheint er sich an seiner mutigen Partnerin etwas zu orientieren, habe ich den Eindruck. Manchmal überrascht er mich auch aus dem Nichts heraus mit einer ganz mutigen Aktion und kommt ganz nah zu mir, ohne dass seine Partnerin daran beteiligt ist. Scheint also keinen bleibenden Schaden hinterlassen zu haben.
Die Entwicklungsschritte, die ich danach erkennen konnte, waren, dass beide oben auf ihrer Stange sitzen, offensichtlich laut schwätzen und mit mir Kontakt aufnehmen wollten? So wirkte es. Ich bin dann oft einfach ganz nah an den Käfig ran und habe mit ihnen zusammen geschwatzt. Besonders Loulou springt dann in den Ring bzw sogar tatsächlich direkt an das Gestänge, schaut mich mit schiefen Köpfchen an und schwätzt. Es scheint also so etwas wie ein erstes Vertrauensverhältnis zu entstehen. Natürlich weichen die scheuen Tiere auch immer mal zurück. Aber das ist auch nur von kurzer Dauer, ich glaube ihre Neugier siegt dann einfach über die Angst.
Ich habe dann im nächsten Schritt versucht, sie mit Kolbenhirse auf meine Hand zu locken. Dabei bin ich in 5 Tagen in winzigen Schrittchen dem Endergebnis näher gekommen. Zwischendurch habe ich aber auch einfach mal so versucht, Lu auf die Hand zu nehmen, also auch ohne Futter. Sie ließ sich dann immerhin von mir an der Brust berühren und war dabei völlig entspannt und ganz aufgeplustert. Erst, wenn ich wahrscheinlich etwas zu fordernd wurde und sie ein wenig in den Bauch gedrückt habe, damit sie den Schritt auf meine Hand macht, wurde sie dünn und etwas ängstlich und drehte sich weg. Dann habe ich sie auch sofort in Ruhe gelassen und die Hand zurückgezogen. Dann hat sie sich aber auch schnell wieder entspannt und zu mir zurückgedreht. Gestern Abend habe ich es dann geschafft, sie mit Kolbenhirse auf meine Finger zu locken und sie hat ein wenig in Hab-Acht-Stellung, aber doch sehr ruhig auf meinen zwei Fingern sitzend daran geknabbert. Lex hatte aus der Entfernung zugesehen, das aber sehr aufgeplustert und entspannt. Okay, das ist vielleicht nicht schlecht, aber eigentlich ja kein wirkliches Vertrauensverhältnis, sondern nur ein "Überreden" mit Hilfe eines Leckerbissens zu etwas, was sie eigentlich nicht wollen/scheuen. Von so etwas wie Freiwilligkeit ist da natürlich noch keine Rede. Und bei Lex bin ich davon noch ganz weit entfernt!
Andererseits zum Thema Vertrauen: wenn ich morgens reinkomme, kriegen sie erst mal Angst und fliegen wieder in die Ecke. Es scheint, als fängt man jeden Tag ein Stück weit von vorne an. Wenn ich dann wieder rausgehe, habe ich aber auch fast den Eindruck, sie rufen nach mir. Aber vielleicht schwätzen sie auch einfach nur miteinander und ich rede Quatsch. Was ich also zunächst gerne erreichen würde, wäre, dass sie mir soweit vertrauen, dass sie freiwillig auf die Hand kommen, damit ich sie einfach aus dem Käfig für ihren Freiflug holen und wieder in den Käfig zurück bringen kann, wenn ich es möchte. Das ist vermutlich ein hohes Ideal, ich weiß. Vielleicht geht das mit Agas gar nicht (hatte früher mal Wellis, das war leicht). Ich würde Ihnen ja möglichst gerne viel Freiflug gönnen.
Und da wäre ich bei meiner ersten Frage: macht es überhaupt Sinn, sie in diesem Stadium schon frei fliegen zu lassen? Denn wenn das in den Käfig zurückbringen totalen Stress (eigentlich ja für uns alle) bedeutet, ist das ja kein wirklich schönes Erlebnis? Oder ist immer verknüpft mit etwas Unangenehmen? Wann ist also der richtige Zeitpunkt für den ersten Freiflug? Erst wenn Sie ganz entspannt freiwillig auf die Hand kommen? Damit ich sie wieder entspannt in den Käfig zurück bringen kann? Das wird nach meinem Gefühl aber noch eeeeeeewig dauern! Momentan sind sie auch öfter wieder viel scheuer, oder auch aufgedrehter, vor allem morgens. Oder würdet ihr sagen: sie sind zwar noch "Babys", aber jetzt seit 10 Tagen im Käfig, die müssen UNBEDINGT mal raus, sozuagen um JEDEN PREIS? Selbst wenn das in den Käfig zurückbringen mal kompliziert wird, dann ist das das kleinere Übel, Freiflug ist wichtiger? Das mit dem Abdunkeln funktioniert natürlich immer, dann kommen sie auf den Finger, das ist zwar "sanfter" als mit aktives einfangen oder sowas, aber ist ja nichts Schönes.
Ich bin beim Stöbern auch mal auf das Clickertraining von Ann Castro aufmerksam geworden, was wohl ziemlich erfolgsversprechend sein soll oder kann. Ich weiß aber nicht, ob das mit Rosenköpfchen auch funktioniert und vielleicht ein guter Trainingsweg wäre.
So, das war jetzt viel Text für den Anfang

Herzliche Grüße,
Arndt